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chinesische Gedichte
übersetzt von Jürgen Weber ©

Song-Dynastie (960-1278)

Li Deng

 

Wein kaufen

Habe ich Geld,
            kauf ich mir immer nur Wein,
Kann hier nichts bekommen
            bin in Südgebirges Ackerrain.
Fast bin ich verführt,
            auf die Pacht bei den Menschen zu drängen
Vor Schreck löst sich auf
            hinter grünen Kiefern der Nebel so fein.

   
 

Frühlingstag

 

Vorüber der Regen

            nass ist noch das Moos,

Wind kam nun auf

            öffnet die Tür mit Stoß.

Fast alle Blüten

            fielen auf einmal herab,

Hör nur die Vögel

            sie fliegen schon wieder los.

 
Zhu Song
 

Auf dem Westsee im Boot treibend

 

Von unten her betracht ich den See

            es schimmert herauf die blasse Farbe,

Schamvoll muss ich entdecken,

            dass Schmutz ich an zwei Strähnen habe.

Wind schaukelt den Kahn und lässt mich sehn

            den Berg als ob er schief nun wär;

Nebelwand wird weggeblasen

            das Wasser schwappt stets hin und her.

 

Nach Hause gehn die Menschen nun

            vom Stadttor klingt der Glocke Ton,

Man trifft sich bald mit engen Freunden

            dort wo am Berg der Mond steht schon.

Ich brauch jetzt keine neuen Verse,

            die nur nachbilden, was bekannt,

Ich weiß genau, es währt nicht lange

            und ich bin in Traumesland gebannt.

 
Guan Zhun
 

An einem Frühlingstag besteige ich einen Turm und
kehre nachdenklich zurück

 

Ich besteige den Turm,

            den Ausblick genieße ich jetzt,

Duft über Duft

            der Fluss kommt ruhig daher.

Das Wasser bleibt glatt

            kein Mensch heut’ übersetzt,

Ein einsames Boot nur

            liegt dort den ganzen Tag quer.

 

Beim einzelnen Dorf da

            reißen die Wolken schon auf,

Vom alten Kloster her

            Worte klingen wie Vogelsang.

Das kenn ich von früher:

            seh fern des Wei-Flusses Lauf.

Versunkene Gedanken

            machen mich plötzlich ganz bang.

 
Zhang Daoxia
 

Auf einen Pflaumenbaum

 

Die Hütte im Dorf

            alt ist sie, bedeckt mit Moos,

Das Dach aus Schilf

            als Gartenzaun dient Bambus bloß.

Die Geister rein

            der Mond dort Harmonie verspricht,

Von weither der Duft

            ich weiß: Rauch ist das nicht.

 

Der alte Baum

            eine besondere Stimmung verspricht,

Andere Blüten

            haben dieses Reizvolle nicht.

Die Dichter den Duft

            vergleichen mit des Windes Hauch.

Im Schlafe träum ich:

            Genau so denke ich auch.

 
Go Tianmin
 

Frühlingsabend

 

Es neigt sich der Abend

            eine Taube hört man dort gurren,

Der Dao-Meister nach

            seinem Frühlingsschlaf lässt er sich blicken.

Hier ist nicht der Ort,

            zu schreiben mit Schwermut und Murren,

Ich geh meine Runde,

            den Bambuszaun hier und da flicken.

 
Meng Guan (ca. 957)
 

Ich suche einen Menschen im Gebirge und treffe ihn nicht an

 

Auf dem Rücken die Zither

            den Wanderstab in meiner Hand,

Ich wähle mit Absicht

            den Weg dort westlich der Wand.

Doch kann ich schon sehen,

            das Bambushaus es ist verschlossen,

Es ist nur zu hören

            der Bergvögel Sang unverdrossen

 

Hier hohe Kiefern,

            die Kälte hängt unten im Tal,

Dort feine Gräser

            am Bach längs in hoher Zahl

Lang steh ich dort

            keines Menschen Tun ich erblick,

Nebel und Dunst mich

            verwirren beim Wege zurück.

 
Lin Bu (967-1028)
 

Der Westsee im Frühling

 

Wie könnt ich erreichen die Fähigkeiten

            des großen Dichters Du Mu?

Will dennoch versuchen, über den See

            Verse zu fügen hinzu:

Im Dunst des Frühlings vom Buddhatempel

            das Schlagen der Trommeln herweht;

Im Abendrot am Turmplateau

            der Wimpel des Weinhauses steht.

 

Der intensive Wohlgeruch

            der Kräuter von den Gipfeln her steiget,

Mit feuchten Schwingen ein Eisvogelpaar

            im kräuselnden Wasser sich zeiget.

Inmitten der Menschen find ich mein Glück

            mit Schilf als Mantel und Hut,

Bin hier auf meinem Fischerboot

            wie ein Angler so gut.

 
Ouyang Xiu (1007-1072)
 

Sommeranfang am Westsee

 

Erst heftig Regen, jetzt schönes Wetter

            der blaue Bach schwappt über gar,

Der Zufall führt mich zu dem Ort

            einsam gelegen, wunderbar.

Im grünen Berg die gelben Vögel

            sich mit des Frühlings Rückkehr melden

Auf roten Blüten und grünem Moos

            sind Menschenspuren hier ganz selten.

 

Um Linsen rings im seichten Wasser

            Fische springen allenthalben,

In der Sonne am Geländer

            flattern spielend dort die Schwalben.

Nun brauch den Waldeinsiedel ich

            nicht mehr unbedingt zu sehen,

Auf das Deck will ich mich setzen

            und hier beim Riff vor Anker gehen.

 

 

Allein spaziere ich in I-chuan

 

Grüne Bäume

            rund um I-chuan stehen,

Man muss klettern

            inmitten Brocken aus Stein.

Kalte Wolken

            die Abendsonne umwehen,

Weiße Vögel

            fliegen in dunkle Berge hinein.

 

Der Weg muss heraus

            aus dem duftenden Walde sich winden.

Und kommt heim der Mönch,

            hat den Zugang zum Steig er verwehrt.

Ach seht diese Gipfel:

            Wer kann dort oben ihn finden?

Meine Lust ist erschöpft,

            erfolglos mache ich kehrt.

 

 

Nach dem Regen gehe ich allein nördlich

von Lo

 

Vom nördlichen Turm aus

            schau ich aufs Gebirge im Süden,

Heller Nebel

mit rötlichem Dunst sich verbindet.

Die Wolken sind wieder

            am Sung-Gipfel hängen geblieben,

Der Regen hört auf,

            ich geh, wo der Fluss sich windet.

 

Aus den Bäumen

            Duft vom Ufer her steigt,

Die Brücke quer

            ihr Spiegelbild legt sich davor.

Mag diesen Ort,

            der halb Ödes, halb Üppiges zeigt,

Ich gehe allein

            nur das Zirpen der Grillen im Ohr.

 

 

Abends am Fluss

 

Kalter Strom

            treibt mit sich Eisschollen groß,

Gefrorener Bach

            fließt bald wieder los.

Es neigt sich die Sonne,

            die Menschen kehren heim,

Vögel der Sandbank

            ziehn über Anglers Floß.

 

 

Die Qin

 

Das Wasser im Fluss

            kein Laut in der Tiefe macht,

Die Wolken am Fluss

            sind ohne Glanz in der Nacht.

Ich ergreife die Qin

            im Boot und zupfe sie sacht.

 

Ruhende Vögel

            im Walde dadurch erschrecken,

Treibende Fische

            sich sogleich fliehend verstecken.

Der Wind vom Berg lässt

            mit Kälte alles bedecken.

 

Ruhig ists um mich

            das Hören wird dadurch bewusst.

Ich berühre die Saiten

            und Friede dringt gleich in die Brust.

Auf diese Weise

            entfalte ich meinen Stil,

Spiele ich länger,

            bin frei ich von jedem Gefühl.

 

Miteinander verwoben

            wie in alten Schriften es war,

Harmonisch gestimmt

            wie der Ruf der Vögel im Paar.

Stürmisch und wild

            gleich plötzlichem  Regenguss, toll,

Dröhnend und dumpf

            gleich verborgenen Donnergroll.

 

Der Akkord „ohne Schuss“

            lässt schauernde Kälte entstehen,

Der Akkord „gelbe Uhr“

            lässt voran die Entwicklung gleich gehen.

Ich summe die Weise

            von König Wen und den Sagen

Und brumme voll Sorgen

            des Trauergedichts alte Klagen.

Bei den „zwei Regeln“

            der Sinn wird fade und schwach,

Bei den „drei Schalen“

            der Ausdruck wird freundlich und wach.

 

Den Ton der Qin

            formen kann ich ihn zweifellos

Den Sinn der Qin

            aber wie versteh ich ihn bloß?

 
Liu Chang (1019-1068)
 

Alleine gehen

 

Unterwegs im Südberg

            halb in Wolken, halb in Regen,

Das Wetter ist

            mal kalt und auch mal heiß.

Mach vom Ödland mich auf

            und wandre allein dem Ziel entgegen,

Ob Frühling ob Herbst

            ich nicht zu entscheiden weiß.

 

Der Ruf der Vögel

            dringt sanft an mein Ohr,

Die Färbung der Weiden

            weithin sind sie zu sehen von hier.

Ich zieh mich zurück,

            ein Becher duftenden Weins davor,

Wehmütig denk ich:

            Wer will die Freude teilen mit mir?

 

 

An einem schönen Herbsttag übernachte ich im Westen

 

Der klare Wind

            zog den dunklen Vorhang weg,

Die Ebene weit

            im Herbst sieht man das Kleinste noch.

Die Wasser fließen ab

            der Berg wie unbeteiligt steht,

Das Wetter ist schön

            der Himmel erscheint endlos und hoch.

 

Ich öffne das Fenster

            nehm mir einen Becher Wein,

Betrachte den Mond

            es plätschert im Strome die Flut.

Schlaf zwar in der Höhe,

            doch tauch ich in See und Meer ein,

Ich schließe nicht zu

            tapfer bin ich und habe Mut.

 

 

Pflaumenblüten

 

Im Land mit den Seen

            kam der Frühling zeitig zurück,

Die Pflaumen am Berg

            wettstreiten mit ihrer Blütenpracht.

Die reizvollen Farben

            wie Schnee, führn in die Irre den Blick,

All überall

            drängt die Natur hervor mit Macht.

 

Wie im Eilschritt

            sie den roten Staub wegfegt,

Am Fluss bläst der Wind

            die Sonne frei ein wenig schon.

Der Duft und die Schönheit:

            Und wenn dies bald wieder vergeht?

Ich denke voll Scham:

            Ach weg mit der Trübsal düsterem Ton.

 

 

Mondnacht

 

Der Mond erscheint

            treibende Wolken sich regen,

Wind kommt auf

            macht tief in der Nacht klare Sicht.

Die Sterne sich

            um die Wette bewegen,

Milchstraße ist

            getaucht in blasses Licht.

 

Alte Bäume

            werfen Schatten so dünn,

Erschreckte Vögel

            verstummen schnell in den Seiten.

Herbstgefühle

            ergreifen bereits meinen Sinn,

Die Grillen jedoch

            auch nachts noch wollen sie streiten.

 
Zhou Dunyi (1017-1073)
 

Wandern im großen Wald

 

Im dritten Monat

            warm ist’s dort im Berghaus drin,

Die Blüten im Wald

            leuchten alle wunderschön.

Es windet der Pfad sich

            mehrmals bis zum Gipfel hin,

Die Menschen hier

            meist freiwillig nach oben gehn.

 

Die Farbe des Wassers

            hält das Weiß der Wolken fest,

Vom Sang der Vögel

            tönt im Tal das Echo rein.

Der Wind des Himmels

            mir meinen Ärmel lose bläst,

Das tiefe Blau macht:

            Ich fühle mich hier ganz klein.

 
Wang Anshi (1021-1086) 
 

 Am Zhong Berg

 

Bergbach sehe ich ganz lautlos

            um den Bambus biegen,

Bambusblätter, Blüten, Gräser

            sich sanft im Frühling wiegen

Des Schilfdachs Traufe gegenüber

            sitz ich den ganzen Tag,

Nicht ein einziger Vogel zwitschert,

            verborgenen Berg hab ich da bestiegen.

 

 

Pflaumenblüten

 

An  Mauers Ecke

            steht ein verzweigter Pflaumenbaum,

S’ist eisig kalt

            etwas löst sich sacht von ihm.

Ich seh von fern,

            Schnee ist das wohl kaum,

Da kann ich nur

            stumm den Duft in mich einziehn.

 
Su Dongpo (1036-1101)
 

Auf dem Fluss

 

Von meinem Boot aus seh ich die Berge

            wie laufende Pferde ziehn,

Die urplötzlich wie in einer

            hundertfachen Herde entfliehn.

Die vorderen Berge, zerhackt und gezahnt,

            ändern ihr Aussehen geschwind;

Die hinteren Gipfel, wirr durcheinander,

            als ob auf der Flucht sie sind.

 

Ich schau nach oben: ein winziger Pfad,

            der windet sich dort am Berg.

Darauf geht ein einzelner Mann,

            so hoch, dass er klein wie ein Zwerg.

Ich auf dem Boot hebe die Hand,

            will etwas reden mit ihm;

Doch mein Segel treibt mich gen Süden,

            wo auch die Vögel hinziehn.

 

 

Frühlingsregen über dem See

 

Das Glitzern des Wassers, herrlich und prächtig,

            bei diesem Wetter noch mal so schön.

Die Farben der Berge, im Nebel verwischt,

            nach diesem Regen ganz besonders zu sehn.

Ich will den westlichen See vergleichen

            mit der früheren Schönen, Frau Xi:

Dezenter Schmuck oder starke Schminke

            alles fügt sich in Harmonie.

 

 

 

Des Nachts kehre ich heim auf dem See

 

Im Trinken hab ich

            nicht das äußerste Geschick,

Nur halb beduselt

            hält der Weinrausch mir recht lange.

Den Korb im Arm

            kehr ich auf dem See zurück,

Frühlingswind

            bläst kalt mir über meine Wange.

 

Der Weg geht so,

            dass man den Einzel-Berg westlich erblickt,

Die Nacht jetzt schon

            ins Grau allmählich übergeht.

Deutlich murmelnd

            bin ich träumend eingenickt,

will etwas schreiben

            doch der Gedanke ist verweht.

Kann mich nur erinnern,

            im Dorf der Birnbaum  in Blüten steht,

Er blüht so voll

            ich zieh den Duft ein, bin entzückt.

 

 

 

Nachts treibe ich auf dem Westsee

 

Schilf und Teichrosen überall

            das Wasser scheint ohne Grenzen,

Seelilien nachts erblühen

            im Wind die Düfte mich betören.

Allmählich seh ich Lampen leuchten

            zum fernen Kloster sie gehören,

Ich warte bis der Mond wird dunkler,

            dann seh den See ich richtig glänzen.

 

 

 

Ich wandere im Kranichwald und suche den Einsiedler

 

Weithin im Land

            der Regen ist schon vorbei.

Alles Leben im Frühling

            wird schöner nun als vorher.

Im alten Kloster

            den Bambuszaun richtet man neu,

Tief aus dem Wald

            den Kuckuck ich rufen hör.

 

Im Schlafe noch

            Blüten zu Boden schweben,

Das Auge getäuscht

            als brenne ein Kirschbaum  im Berg.

Das Fenster im Westen

            ein Kranker ist gleich daneben,

Aufrecht dort sitzt er

            schaut aufs duftende Räucherwerk.

 

 

Ohne Titel

 

Des Vogels Lebenslust

            lässt ihn das Netz vergessen,

Des Fisches Lebenslust

            lässt ihn die Angel vergessen.

Wozu denn suchen

            einen ruhigen Ort?

Fließend Strömen,

            so ist’s der Welt zugemessen.

 
Qin Guan (1049-1100)
 

Herbsttag

 

Reif fällt nieder am Kanal

            das gestaute Wasser ist rein,

Kalte Sterne ohne Zahl

            werfen auf die Boote ihren Schein.

Wo tief wurzelt Wasserkraut

            dort ist wohl kein Untergrund,

Da hör ich plötzlich Menschen,

            heiteres Lachen wird das sein.

 
Wang Ling (11. Jht.)
 

Klage

 

Das Auge ist’s zwar,

            woraus die Träne fließt,

Die Ursache

            liegt jedoch im Herzen.

Sonne hell sich

            über’s Gesicht ergießt,

Um den Fluss

            der Tränen auszumerzen.

 

Doch hat sie nicht

            mein Innerstes entdeckt,

Ach, die Tränen

werden nie versiegen.

Zumal sie sich

            in Wolken hat versteckt,

Wie könnt ich jemals

            finden meinen Frieden!

 
Chen Shidao (ca. 1052-ca. 1101)
 

Übernachten am Qi-Fluss

 

Das Licht ist schwach

            die Menschen gingen schon schlafen,

Kälte nimmt zu

            es ist bereits tief in der Nacht.

Die Fische im Wasser

            im Schlamm gemeinsam sich trafen,

Landende Vögel

            auf Bäume voll Reif gleiten sie sacht.

 

Es fehlte nicht viel

            und ich zahlte am anderen Tag

Und kehrte zurück,

            wo mein Herz ist, zehntausend li,

Von der Familie so fern

            ich nur zu träumen vermag,

Drum schreib ich dies,

            während Kälte dringt ein mit der Früh’.

 
Chen Yuyi (1090-1138)
 

Nach dem Regen

 

Erst Schnee über Schnee

            dann drei Tage Regen,

Nun Wolke auf Wolke

            Frühling hat alles zum Garten gemacht.

Der Dunst vom See

            lässt Lebensgeister sich regen,

Der Wind hat die Blüten

            bis zum Dung-ting-See rüber gebracht.

 

Der Ort hat was Eignes

            Kälte keine Grenzen hier kennt,

Halb kam der Frühling,

            wie ein Gast, der sich verirrt.

Ach wie viel ist,

            was die Menschen einander trennt?

Der Himmel so weit

macht trunken, macht nüchtern, bin ganz verwirrt.

 
Chen Zao (11. Jht.)
 

Leben im Gebirge

 

Die Vögel ruhen

            auch mich plagt  Müdigkeit,

Willst hierher du kommen,

            ein Trampelpfad nur steht bereit,

Kantige Felsen

            behindern und hemmen beim Gehen,

Wuchernde Pflanzen

            verfangen sich immer im Kleid.

 

Die Bäume im Dickicht

            verdecken auf den Himmel die Sicht,

Die Berge rundum

            glänzen im Abendlicht.

Ich öffne das Tor,

            da pfeift es kalt um die Ärmel,

Rings in der Gegend

            der Wind hat aufgefrischt.

 
Liu Zihui (1101-1147)
 

Früh auf dem Weg

 

Die Hähne im Dorf

            den Morgen verkündeten schon,

Der Mond in der Dämmrung

            allmählich an Farbe büßt ein.

Auf dem Wege die Menschen

            eilend ziehn sie davon,

Ich lösche die Lampe

            schnell nutzlos wird jetzt ihr Schein.

 
Yang Wanli (1124-1206)
 

Am Morgen geleite ich den Lin Zifang aus dem Kloster der Reinen Güte

 

Hier am äußersten Ende: der Westsee,

            es ist im sechsten Mond.

Das Panorama ist nicht so

            wie man’s zur Zeit ist gewohnt.

Mit dem Himmel verbindet sich Lotos

            in unerschöpflichem Grün,

In der Sonne glänzen Lilien,

            den See purpurn durchziehn.

 

 

Ich übernachte im Gasthaus des Herrn Yu in der Neustadt

 

Hinterm halb verfallenen Bambuszaun

            führt ein Pfad tief hierher,

Blüten fallen von den Bäumen

            Schatten spenden sie nicht mehr.

Eilig läuft ein kleiner Junge

            den gelben Falter will er fangen,

Doch der fliegt in den Kräutergarten,

            da kann er ihn nicht erlangen.

 

 

Untertänigst lade ich den Aufseher Yu ein zu einer Fahrt auf dem Westsee

 

Weit weg ist noch der Su-Damm

            doch riech ich schon die Weiden dort,

Friedvolle Stille liegt über dem Park

            der Glanz des Bambus dringt zu mir.

Ins Schilf fährt unser Boot hinein

            Wohlgeruch entströmt dem Ort,

Viele Menschen, Wasser, Wolken

            des Reiches Mitte ist wohl hier.

 

Wie klare Kälte, wie Nebelglanz

            der Ort hat Friede stets besessen,

Fast wünscht ich, Regen ließ das Wetter

            für Momente nur vergehn.

Ach wär ich raue Distel nur

            Euch älter’m Weisen angemessen,

Einen Becher höchste Freude ließ ich

            Euch trinken von Bergen und Seen.

 
Lu You (1125-1210)
 

Nach einer Frühlingsfahrt auf dem Westsee schrieb Freund Lin Boyan Verse nieder

 

Es war einst ein Abschied am Westsee

            weiß nicht genau in welchem Jahr,

Wir suchten emsig alte Spuren

            Weizen dort am Berghang stand.

Weit her geflogen kam vom Berg

            ein weißes Reiherpaar,

Wasser war glatt, ich beugte mich,

            den Himmel ich dann zweifach fand.

 

Die morschen Knochen konnt ich spüren,

            noch lange halten die wohl nicht,

Wir lachten uns gemeinsam an

            und machten Rast an dieser Stelle.

Begaben zum Mahl uns in die Stadt,

            ich hatt’ keine Lust auf ein Gedicht,

Ihr Edler doch setzt den Pinsel an,

            Euer Geist sprudelt so wie eine Quelle.

 

 

 

In den Bergen wohnen

 

Vom Wasser umgeben

            weit draußen ein Dorf ganz allein.

Über den Berg führt

            ein holpriger Pfad nur hinein.

Ich weiß es nicht

            wie tief in den Bäumen es liegt.

Die hierher einst heimkehrn,

 
Zhu Xi (1130-1200)
 

Ich sitze nachts und grüble

 

Herbst im Zimmer

            die Luft kommt klar und frisch,

Lang schon sitz ich

            es tröpfelt kalt der Tau.

Bin allein und einsam

            nicht beklagen will ich mich,

Ach dieses Herz

            wer kennt es schon genau?

 

Das Bücherlesen

            lang schon ist mir zu dumm

Zur Verwaltung verlor

            ich die Lust vor langer Zeit.

Allein die Sorge

            um die Welt, die treibt mich um,

Gleich einem, der spielt

            Flöte und Laute bei Dunkelheit.

 
Wen Tianxiang (1236-1283)
 

Geschrieben während der Krankheit

 

Ich bin krank,

            vierzig Tage mag dies schon gehen,

Westwind fegt

            kühl hinweg über Baum und Gras.

Lieg auf dem Bett

            die Rippen sind bei mir einzeln zu sehen,

Es zeigt mir der Spiegel

            wie meine Augen hohl sind und blass.

 

Müde bin ich,

            murmle Verse, gestützt auf den Stab,

Brenne stets Duftholz,

            um das I-jing besser zu lesen.

Bring in der Nacht

            was ich an Obst und Kuchen hab,

Bitt um das Glück:

            ein großer Arzt lässt mich genesen.

 
Chao Shixiu (um 1204)
 

Der alte Dao-Tempel

 

Tief im Berg

            wird plötzlich eben das Gelände,

Im Kräftig-Blau

            ein Haus, verfallen schon die Wände.

Der nahe Wasserfall

            lässt Frühlingswind feucht wehen,

Die vielen Kiefern

            im Morgenlicht grün glänzend stehen.

 

Auf einem Fels

            Kranich verlor einen Federkiel,

Auf weißer Wand

            ein Drachenbild, das längst verfiel.

Der Daoist

            will Heiligtümer noch bewahren,

Mir scheint er ist

            schon nahe an den hundert Jahren.

 
Lin Hong (13. Jht.)
 

Der Westsee

 

Vom Berg aus sind nur grüne Berge

            vom Turm aus nur Türme zu sehn,

Gesang und Tanz über dem Westsee

            scheinen niemals zu Ende zu gehn.

Kräuterdurft im warmen Wind

            macht trunken den müßig Streifenden,

Ach könnt ich Hangzhou einfach versetzen

            nach Kaifeng, das wäre schön.

 
Liu Qi (1311-1375)
 

Geschrieben beim Betrachten eines einzelnen Berges

 

Im Gegenlicht

            das Rot wie von tausend Bergen ich schau,

Der kalte Nebel

            bringt von der schönsten Insel das Grün.

Ich nehm mich zusammen,

            auf den Gräsern liegt schon der Tau,

Bewahre die Haltung,

            seh wie die Linsen im Wasser ziehn.

 

Die gelbe Hütte

            wie irrtümlich in die Wildnis gesetzt,

Grüne Ölbäume nur

            machen zum Dongting den Unterschied aus.

Ganz ohne Absicht

            sind aus Wehmut die Augen Tränen benetzt,

Spülen den Ärger

            ins weite Meer dort hinaus.